JOACHIM HUTH

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Joachim Huth

01.11.14

 

DO II 184 vom 27. Februar 983

Aus den zehn Regierungsjahren des zweiten Otto (973-983) hat sich für das Bistum Meißen nur ein Urkundentext erhalten. Das Original wurde 1793 dem (Staats‑) Archiv Dresden für einen Prozess entnommen, ihm aber nie zurückgegeben. So ist Archivar Reinhard zu danken, der zu Ende des 18. Jahrhunderts unter den Diplomen des Stiftes Meißen auch unsere Urkunde abgeschrieben hat.

Danach übereignete Otto II. dem Bistum Meißen den Ort Setleboresdorf, den Elbzoll zwischen Belgern und Meißen und den Burgward Boritz. Die Güte dieser Kopie konnte von Sickel nur loben, fand es aber schwierig, die Datazeile zu interpretieren. Schließlich fand er, man habe zwar im Februar 979 in Frankfurt verhandelt, die urkundliche Ausfertigung aber bis in den Sommer 983 hinausgezögert, als Otto II. in Verona weilte. Das Urteil des erfahrenen Diplomatikers haben die Historiker gern übernommen1.

Die Datazeile des DO II 184

Der Text der Datazeile lautet: Data III kalend. martii - anno dominicae incarnationis DCCCCLXXXIII - indictione XI - anno vero regni secundi Ottonis XXV, imperii autem XV - actum in Franconovvrth - feliciter. Die Formel ist vollständig und besteht aus sechs Einheiten: Datum, Inkarnationsjahr, Indiktion, Regierungsjahren, Actum und Precation. Diese Angaben aber dahin verstehen zu wollen, als habe Otto II. am 27. Februar 983 in Frankfurt dem Bistum Meißen etwas geschenkt, widerspricht allen zeitgenössischen Zeugnissen. Der Kaiser kämpfte und regierte schon seit Jahr und Tag in Italien.

So hatte von Sickel Anlass, sich mit der Datazeile des DO II 184 auseinanderzusetzen. Einmal versuchte er, die Datiergepflogenheiten der deutschen und der italienischen Kanzlei in den letzten Regierungsjahren des Kaisers zu erhellen. Hieß es in den Diplomen des Jahres 981 noch richtig: indictio 9, anno imperii 14, anno regni 20, so plötzlich und ohne ersichtlichen Grund 982 anno regni 25. Im Jahr darauf verwirrt sich alles noch mehr: Die italienische Kanzlei erhöht die Regierungsjahre auf 26 und die Kaiserjahre auf 16. Dagegen verblieb die deutsche Seite auch 983 bei den Zahlen von 982 - 25 und 152. Die richtigen Zahlen in DO II 184 hätten für 983 vor dem Krönungstage richtig auf das 22. und danach auf das 23. Königsjahr lauten müssen3. Indiktion 11 und Kaiserjahr 15 stimmen von Anfang des Jahres 983 bis Ende August. Zwei Drittel aller uns heute noch bekannten Urkunden des Jahres 983 wurden in Verona ausgefertigt, wo Otto II. im Mai und im Juni weilte, sich mit den Fürsten des Reiches traf, ehe er in Krieg und Tod zog4. Im Blick auf die für 983 sprechenden Merkmale der Datazeile hätte unsere Urkunde in die chronologische Abfolge der Diplome dieses Jahres unter einer Ordnungszahl um 300 eingestellt werden können.

Eine alte Regel der Diplomatik sagt aber, man solle eine Urkunde zum frühestmöglichen Zeitpunkte einer ihrer Merkmale chronologisch einordnen. So fand von Sickel im Stichworte secundus der Königsjahrfloskel den erhellenden Punkt und erschloss eine Handlung am 27. Februar 979 in Frankfurt/Main. Bald nach dem Amtsantritt Kanzler Hildibalds wird Otto II. in den Königsjahren so apostrophiert: anno vero regni secundi Ottonis. Das erste im Original vorliegende Secundus-Diplom mit einheitlicher Datierung ist DO II 185 und wurde am 3. März 979 in Dornburg ausgefertigt. Diesem Diplom stellt von Sickel zwei Urkunden uneinheitlicher Datierung voran: DO II 183 vom 8. Februar 979 für das Bistum Worms und DO II 184 vom 27. Februar 979 für Meißen, über die beide in der Mainstadt verhandelt worden sei. Damit gewann von Sickel eine glatte Abfolge von Urkunden mit Secundus-Königsjahren. Aus diesen beiden Gedankengängen erklärt sich von Sickels Deutung: Über die Schenkung an Meißen wurde im Februar 979 in Frankfurt verhandelt, die Urkunde darüber aber erst 983 in Verona ausgefertigt. Für ihn hatte an der Endge-staltung des Diploms neben einem Italiener der Notar HB wesentlichen Anteil5.

Bei näherem Zusehen steht aber von Sickels Hypothese auf schwachen Füßen: So ist die dichte Folge der Daten der DD 184 und 185 bedenklich. Danach hätte Otto II. zwischen dem 27. Februar und dem 3. März den Weg von 250 km Luftlinie von der Pfalz in Frankfurt zu der in Dornburg zurücklegen müssen. Rhön und Thüringer Wald zwingen auch heute noch zu Umwegen6. Außerdem widerspricht von Sickel selbst der oben erwähnten Regel, wenn er D 184 ins Jahr 979 setzt. Er räumt ein, der kaiserlichen Entschließung von 979 könnten noch Vorverhandlungen vorausgegangen sein, da D 184 den Markgrafen Diemo/Thietmar von Meißen nennt, der bereits 978 starb7.

Aber nicht nur die Ansetzung des D 184 zum 27. Februar 979 beruht auf einem Schlusse von Sickels, sondern auch die des D 183 zum 8. Februar 979. Wie die Meißner ist auch die Wormser Urkunde nur als Kopie überliefert und darum problematisch, weil ihre beiden Quellen in den Daten differieren. Das Wormser Chartular des 12. Jahrhunderts nennt als Herrenjahr 977, der Druck aus dem 16. Jahrhundert 979; die eine Quelle als Kaiserjahr XVI (ab 25. Dezember 982), die andere XII (ab Weihnachten 978), beide jedoch die gleiche Indiktion VI (ab September 977), und mit XVI das gleiche Königsjahr (ab 26. Mai 977). Bei dieser doppelten Übereinstimmung müsste man D 183 auf den 8. Februar 978 datieren.

Was mag von Sickel veranlasst haben, die Urkunde ins Jahr 979 zu setzen? Der Gedanke an eine geschlossen einsetzende Folge von Secundus-Formeln der Königsjahre? Momente des Urkunden­inhaltes? Damals trat Hildibald das Kanzleramt an und rekognoszierte erstmals am 29. Oktober 977 (D 169). Otto schenkte ihm, dem Bischof von Worms, in der Pfalz zu Frankfurt ein Haus und ein Stück Land. Das Gebäude könnte somit dem Hildibald schon am 8. Februar 978 geschenkt worden sein - wenn er zu diesem Zeitpunkte schon Bischof von Worms war, als den ihn D 183 bezeichnet. Greift man zu Hauck, um aus dessen Bischofslisten den Termin der Erhebung Hildibalds zu erfahren, begegnet man wiederum von Sickel, nach dessen Ansetzungen Hauck für die Weihe einen Tag zwischen dem 15. Januar (D 182) und dem 8. Februar (D 183) annimmt. Hildibalds Vorgänger in Worms war Bischof Anno. Seit 937 Abt des Mauritiusklosters in Magdeburg, wurde er 950 zum Bischof von Worms bestellt. Da Hauck die Nachricht einer Wormser Chronik des 12. Jahrhunderts bezweifelt, Anno sei am 24. Dezember gestorben, blieben für ihn Jahr und Tag von Annos Amtsende offen8.

Ein möglicher Schluss ex silentio wäre der: Thietmar von Merseburg, selbst in Magdeburg erzogen, verfolgte die Lebenswege der von dort ausgegangenen Brüder stets aufmerksam. Sollte er das Gedächtnis Bischof Annos in seinem Totenbuch vermerkt haben, so könnte das nur ein Datum zwischen dem 1. Januar und dem 16. März gewesen sein, müsste also in dem Teile des Buches gestanden haben, der leider verloren gegangen ist9. Diese Beobachtung kann dazu verleiten, die Nachricht der jungen Wormser Chronik, Anno sei am 24. Dezember gestorben, dahin zu verstehen, als wäre er in den Weihnachtstagen, also in der Zeit zwischen 24. Dezember 977 und dem 6. Januar 978 verstorben. Dann belegt D 182 vom 15. Januar die Vakanz und D 183 vom 8. Februar 978 deren Erledigung. Kurz: Die Datazeile des D 184 nennt nur den 27. Februar und als Handlungsort Frankfurt, das Jahr selbst aber nicht. Selbst der Beginn des Gebrauchs der Hildibaldschen Fassung der Königsjahrfloskel lässt sich zeitlich nicht festlegen, zumal es schon vor diesem Kanzler Versuche gab, das Zahlzeichen -II- und das Wort secundus in den Kanzleigebrauch einzuführen10. Wenn nicht 979, in welchem Jahre könnte dann das Bistum Meißen beschenkt worden sein, wenn zwar die Jahresmerkmale des D 184 auf 983 lauten, aber der Handlungsort des 27. Februars die Pfalz in Frankfurt gewesen sein soll ? Etwa am 27. Februar 978 ? Zwischen dem D 169 vom 29. Oktober 977 und dem D 170 vom 8. März 978 klafft eine Urkundenlücke. Es ergäbe sich aber bei einem Aufenthalte des Kaisers am 27. Februar in Frankfurt erneut das Reisedilemma. Er müsste die 350 km Luftlinie zwischen der Pfalz am Main und der in Sömmeringen in acht Tagen bewältigt haben11.

Im Blick auf das Geschenk Ottos II. an seinen neuen Kanzler ist ein Besuch am 8. Februar durchaus denkbar. Schon Vater Otto hatte den unruhigen Grafen Reginar 958 nach Böhmen verbannt und seine Güter und Grafschaften den Brüdern Werner und Reginald verliehen. Der Tod Ottos ermutigte die Söhne des Verbannten, sich wieder im Hennegau festzusetzen. So zog Otto II. gegen sie und stellte sie in der Burg Boussu, wo er auch am 21. Januar 974 urkundete. Die nächste Handlung ist aber erst am 1. April in Quedlinburg bezeugt12. Die Reiseroute des Kaisers vom Hennegau nach dem Harz hätte über Frankfurt führen können. Dagegen lassen Dortmund und Nimwegen als Raststationen zu Anfang des Jahres 975 nicht an einen Aufenthalt am Main denken.

Weihnachten 975 verbrachte Otto II. in Erstein im Elsaß. Am 18. und 19. Januar 976 urkundete er in Bruchsal, am 21. in Trebur, 30 km südwestlich der Mainpfalz. Das nächste, uns noch heute erhaltene Diplom stellte er erst am 28. Februar in Keltersheim nahe Frankfurt aus13. Eine Handlung am 27. Februar zugunsten des Bistums Meißen in Frankfurt zu 976 legt sich besonders wegen der beiden Intervenienten in D 184 nahe: Erzbischof Willigis zu Mainz war im Januar 975 in sein Amt berufen worden, und Markgraf Diemo/Thietmar von Meißen lebte noch. Er starb erst 979. Am 19. März nennt ihn eine Urkunde als am Leben, eine andere am 17. August als gestorben14. Mit diesem Vorschlag rückt D 184 zeitlich und sachlich in die Nähe des Blanquetts für Zeitz15. Einmal wird in diesem Diplom Otto schon als Secundus apostrophiert, zum anderen bestätigt er dem Bistum Besitz, wie es in D 184 auch für Meißen geschieht.

Greift man den Gedanken von Sickels auf, Datum und Actum seien Reminiszenzen aus einer Vorurkunde, so müssen diese nicht an die Personen und die Zeit der Intervenienten gebunden sein, sondern können auf noch Früheres verweisen. So sind auch die Urkunden Ottos I. auf die Stichworte Februar und Frankfurt hin durchzusehen. Am Pfingstsonnabend 946 beurkundet Otto I. die Errichtung des Bistums Havelberg, am 1. Oktober 948 die des Bistums Brandenburg. Warum sollte der König nicht während seines langen Aufenthaltes in Frankfurt von Weihnachten 948 bis Lichtmess 949 daran gedacht haben, sich auch um das Missionsfeld um Meißen zu kümmern16? Durch Urkunden des Klosters Fulda ist Ottos I. Aufenthalt in Frankfurt für Januar 951 belegt. Den Jahreswechsel von 952 auf 953 verbrachte der König wechselweise in Lorsch und am Main. Im Februar und März 956 hielt er es ebenso. Beide Pfalzen liegen 50 km, also einen guten Tagesritt voneinander entfernt17. Aus dem Jahre 957 haben sich überhaupt keine Urkunden erhalten. Der König weilte 960 am 12. Februar in Frankfurt, aber am 25. schon in Worms. Erst aus dem Jahre 965 datieren wieder Urkunden aus dem Frankfurt nahen Raume: Am 21. Februar war er in Worms, am 28. März in Ingelheim. Danach scheint Otto I. bis an sein Lebensende in den Februarmonaten nie mehr am Main geweilt zu haben18.

Am Ende der lang geratenen Erörterungen der doch so kurzen Datazeile lohnt eine Zusammenfassung. Die Jahresmerkmale beziehen sich alle auf 983. Datum und Actum mit von Sickel ins Jahr 979 zu setzen, besteht kein zwingender Anlass. Mit ihm ist jedoch die Benutzung von Vorurkunden anzunehmen. Jedoch müssen Datum und Actum nicht mit den Lebens- und Amtsdaten der Intervenienten verklammert werden. So ist möglicherweise erst aus der inneren Kritik des Textes etwas über Zeit und Umstände der in DO II 184 verbrieften Schenkungen an das Bistum Meißen zu erschließen.

Der Text des DO II 184

Otto Posse sah in den Urkunden des Bistums Meißen auf das Jahr 968 Fälschungen. So wundert man sich nicht, überall zu lesen, Otto I. habe zwar Havelberg und Brandenburg bei ihrer Gründung mit Burgwarden und vollem Zehnt begabt, aber das Bistum Meißen mittellos in die Geschichte eintreten lassen. Erst zu Ende seiner Regierung habe er ihm den zehnten Teil des königlichen Tributes der Gaue Dalaminze, Nisane, Diedesa, Milzsane und Lusiza verliehen. Dann habe der Sohn, und der auch erst zu Lebensende, ihm mit Boritz den ersten festen Besitz zugewiesen19. Die Historiker verstanden dann das DO II 184 dahin, als habe Otto II. das Bistum gleich mit einem ganzen Geschenkpaket bedacht: den Ort Boritz, den Burgward Boritz mitsamt seinem Zehnt und den Elbzoll zwischen Belgern und Meißen.

Die oben an der Datazeile aufgewiesene Problematik zwingt, näher als bisher geschehen auf den Text der Urkunde einzugehen. Im Folgenden wendet sich das Interesse zuerst dem diplomatischen Mantel des D 184 zu, ehe es sich mit den darin eingeschlossenen Nachrichten befasst.

Wie in allen Urkunden Ottos II. lautet die Invocatio: in nomine sanctae et individuae trinitatis. Wie in zwei Dritteln aller Urkunden gebraucht der Schreiber als Intitulatio die Formel Otto divina favente clementia imperator augustus20. Als von Sickel das Dokument für Meißen in die chronologische Abfolge der Urkunden unter Nummer 184 ordnete, stellte er es mitten hinein in die Fülle der Schenkungs- und Bestätigungsdiplome der Jahre 978 und 979, die mit Arengen eingeleitet sind. Darum beeindruckt die schlichte Anbindung der Promulgatio an die Intitulatio: noverit omnium fidelium nostrorum tam presentium quam futurorum industria. Weil häufig gebraucht, ist an dieser Passage die Stellung des Wortes industria zu beachten. So weist noverit industria … auf Schreiber WE, noverit omnium industria … auf WB und industria zum Satzende auf Notar HB, in dem von Sickel den Schreiber des D 184 sehen möchte21. HB begann seine Tätigkeit in der Kanzlei Ende 978, war fortan ihr beschäftigtster Notar und auch noch in Verona tätig22. Das häufig gebrauchte Adverb -qualiter- verbindet die Promulgatio mit der Narratio23. Sie erzählt vom Zustandekommen der Urkunde und ihren Motiven: qualiter nos ob petitionem et interventionem fidelium nostrorum, Willegisi videlicet archiepiscopi et Diemonis marchionis, pro memoria patris nostri quoniam quidem quod coeperat nos perficere et meliorare oportebat. Zwei Gründe veranlassen den Kaiser, für die Kirche zu Meißen und deren Bischof Folchold24 etwas zu tun: Einmal wollte er Bitten und Fürsprachen des Erzbischofs Willigis von Mainz wie auch des Markgrafen Diemo/Thietmar von Meißen erfüllen, zum anderen aber seinem Vater ein Gedächtnis stiften. Otto, Folchold und Willigis waren persönlich miteinander verbunden. Folchold hatte Otto II. unterrichtet und Willigis wie seinen eigenen Sohn erzogen. Als man Folchold zum Dienst im Osten weihte, empfahl er Willigis als neuen Prinzenerzieher25. Aber Vater Otto bestellte ihn 971 zum Reichskanzler. Nach dem Tode Erzbischof Roberts erhob ihn der Sohn kurz vor dem 25. Januar 975 auf den Mainzer Erzstuhl, mit dem das Reichserzkapellanat verbunden war. Für sein Mainz erbat er sich nur die Bestätigung alter Rechte, setzte sich aber für Klöster und Bistümer ein, die nicht in seinem Amtsbereiche lagen, so auch für Meißen26. Darin unterschied er sich von einigen seiner Mitbrüder, die zuallererst auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren. So sorgte der Erzbischof Adalbert von Magdeburg für sein Erzstift und das ihm unterstellte Kloster Weißenburg im Elsaß, und aus durchsichtigen Gründen auch für Halberstadt und Zeitz27. Ebenso bittgewandt war der zweite Bischof von Merseburg, Giselher, der als der zweite Erzbischof von Magdeburg aus der Aufhebung Merseburgs im Jahre 981 noch genug herauszuholen wusste28. Nicht die Prinzenerzieher hatten das Ohr ihres Zöglings, wohl aber Giselher. Seine Fürsprecherinnen waren Ottos Gemahlin Theophanu, Ottos Schwester Mathilde und Ottos Mutter Adelheid, durch die er Geschenk um Geschenk für sein Merseburg zu erwirken wusste. Mit ihm erfreute sich auch Adalbert des gleichen Helferkreises.

Der Zweite Fürsprecher für Meißen war Thietmar, der Neffe des berühmt-berüchtigten Markgrafen Gero († 965). Nach dessen Tode verwaltete er Serimunt und Nicici. Seit etwa 976 war er Markgraf in Merseburg und Meißen. Er wird noch in einer Urkunde vom 19. März 979 erwähnt, dürfte aber noch vor dem 17. August dieses Jahres verstorben sein. An diesem Tage ließ sich Bischof Giselher von Otto II. den Ort Eythra als Besitz des Bistums Merseburg verbriefen mit der Begründung, Markgraf Thietmar habe ihn lange Zeit zu Unrecht besessen29. Der Chronist Thietmar erwähnt in seiner Chronik den gleichnamigen Markgrafen nur nebenher. In seinem Totenbuch vermerkt er einen laicus zum 1. und einen comes Thietmar zum 3. Juni. Auf welche historischen Personen diese Einträge zu beziehen sind, ist aber noch offen30.

So ergeben sich aus dem Amtsantritt des Willigis in Mainz im Jahre 975 und dem Tode des Thietmar zwischen dem 19. März und dem 17. August 979 die Eckdaten der Zeitspanne, in der beide bei Otto II. etwas für das Bistum Meißen zu erwirken trachteten.

Inmitten der Urkunden, in die von Sickel D 184 eingestellt hat, fällt nicht nur die Kürze auf, in der die Fürbitter genannt werden31, sondern auch die Willenserklärung des Kaisers, das vom Vater begonnene Werk zu seinem Gedenken zu vollenden: pro memoria patris nostri32. Der Memoria-Gedanke begegnet uns in der Ottonenzeit bei vielen Schenkungen an Klöster und Kirchen. In dem Zusammenhang, in dem die Urkunde memoria erwähnt, ist das Wort als `fürbittendes Gedenken` zu verstehen. Fürbitte ist remedium/Heilmittel für die Abgeschiedenen, die Lebenden und die Seelen kommender Geschlechter. Fürbitte bewirkt sospitas/Rettung und andere geistliche Tröstungen. Fürbitte fließt aus amor dei/aus der Liebe zu Gott und den Heiligen, aus spes divinae retributionis/aus der Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit. Memorie schließt auch die Bitte um absolutio in futuro magni iudicii die/um gnädigen Freispruch am großen Tage des Jüngsten Gerichts mit ein33. Erinnert sei auch an das Sakramentar des Chronisten Thietmar. In das T-Initial des Te igitur schrieb er die Bitte ein: Sacerdos dei reminiscere Thietmari confratris tui peccatoris et indigni34. Solche Gedenkverbindlichkeit ist nunmehr für die Kirche zu Meißen mit der Annahme dessen verbunden, was Otto II. ihr in D 184 verbriefte. Rittenbach berichtet, bis zum Ende katholischen Kirchenwesens habe man im Dom zu Meißen das Jahrgedächtnis seines Gründers, Kaiser Ottos I., gehalten35. Zur materiellen Sicherung der Memorie vollendete Otto II., was der Vater mit seiner Dotation begonnen hatte, indem er noch etwas hinzufügte.

Auf die noch zu besprechende Dispositio folgt die Corroboratio. Das ist der Satz, der Besiegelung und Vollzug des Handelns zu Zeichen erklärt, mit denen das in der Urkunde Festgeschriebene ausdrücklich bekräftigt wird. Trotz aller Varianten im einzelnen beginnt die deutsche Kanzlei diesen Satz stets mit Et ut haec/hoc … . In D 184 ist er sehr kurz gefasst, was an HA und ältere Notare und an eine Übernahme aus einer von ihnen geschriebenen Vorurkunde denken lässt36. Für diese Gruppe ist auch bezeichnend, dass sie in der zweiten Hälfte des Satzes den Vollzug des Handmals durch den Kaiser vor den Akt der Besiegelung setzen37.

Es scheint so, dass, wer auch immer den Kontext geschrieben haben mag, Signum und Recognitionszeilen der Urkunden von den Hauptschreibern der Kanzlei gefertigt wurden. Mit der einen anerkennt der Kaiser, mit der anderen der Kanzler die Gültigkeit des jeweiligen Diploms. Gegenüber der Fülle der Formeln38 in den Kontexten begegnen uns in beiden Zeilen nur noch wenige. In den Anfangsjahren Ottos II. lautete die Signumzeile fast durchweg signum domni Ottonis imperatoris augusti39. In seiner Abschrift hat Reinhard auch die Stelle des Handmales innerhalb der Signumzeile angegeben und das Siegel nachgezeichnet.

Auch in der Rekognitionszeile ist die Formelpalette nicht breit: X cancellarius (ad)vice(m) Y archicapellani notavi. Diesem Modell blieb Notar HA auch noch unter Kanzler Hildibald treu40. Sein Kollege HB stellte das Doppelamt Hildibalds heraus, der sowohl Kanzler als auch Bischof von Worms war. So begegnet uns im D 184 die Formel Hildibaldus episcopus et cancellarius vice Willigisi archicapellani recognovi. Beide Zeilen sind somit ebenso zeit- und kanzleigerecht wie der ganze bisher besprochene Manteltext, der die nun zu besprechende Dispositio umkleidet.

Die Dispositio behandelt fünf Themen:

  1. tradidimus villam Setleboresdorf cum omnibus rebus;
  2. proventus in theloneo infra terminum persolvant;
  3. statuimus, ut omnes in burgwardo decimationem persolvant;
  4. permisimus omnia de proprietate et de iure in burgwardo;
  5. concessimus cultoribus liberam laborandi et inquirendi.

Dem Bistum Meißen wird im D 184 der Besitz des Ortes Boritz verbrieft, das Recht zugesprochen, auf der Elbe Zoll und im Burgward Boritz den Zehnt zu erheben. Auch tritt der Kaiser alle ihm bislang noch zustehenden Besitzungen und Rechte im Burgward ab und erlaubt dessen Bewohnern, im Wardbereich zu roden und zu siedeln. Die Historiker sahen dieses Gabenbündel an als dem Bistum in einem einzigen Akt zugeeignet. Dem ist zu widersprechen.

Auch ein Kaiser kann nur das vergeben, worüber er gerade verfügen kann. So schenkte Otto I. der Moritzkirche in Magdeburg das Nonnenkloster Kesselheim und die Curie Oberwesel erst, nachdem sie nach einem Gerichtsspruch wieder an ihn zurückgefallen waren. Die interessanteste Stelle beider Urkunden lautet: ut archi­episcopus ibi a nobis instituendus … possideant. Der Kaiser sorgte sich im August 966 schon um die Ausstattung des erst Weihnachten 968 im Beisein päpstlicher Legaten feierlich errichteten Erzbistums Magdeburg41! Außer in Besitztauschabkommen42 erwähnen die Urkunden selten etwas, über die am jeweiligen Titel zuvor Berechtigtgewesenen43. Diese Beobachtungen sind beim Werten der Mitteilungen des D 184 ebenso wenig außer Acht zu lassen wie die Besitzgeschichte der Nachbarbistümer. So schreibt Thietmar, Boso, später der erste Bischof von Merseburg, sei schon vor (!) seiner Erhebung von Otto I. mit den Kirchlehen von Zeitz, Merseburg und Memleben und den Lehnkomplexen Dornburg und Kirchberg beschenkt worden. Als er 968 vor die Wahl gestellt wurde, zwischen Zeitz und Merseburg zu wählen, habe er sich für den Bischofsstuhl an der Saale entschieden. Das D 139 bezeichnet aber das Ebengenannte als Zubehör des Bistums Zeitz, vermehrt um Liegenschaften um Altenburg, Teuchern und im Gau Wethau, jedoch ohne das Kirchlehn Merseburg. Leer ist Boso aber nicht ausgegangen. Thietmar berichtet, vor der Auflösung im Jahre 981 habe dem Bistum Merseburg gehört: das Kirchlehn Merseburg, die Stadt samt Juden, Kaufleuten und Münze, die Abtei Pöhlde, ein großer Forst, die Lehnstücke Kohren, Nerchau, Pausitz, Taucha, Portitz und Gundorf44. Wie nun Magdeburg, Merseburg und Zeitz Stück für Stück ihres Besitzes aus der Hand Ottos I. erhielten, wird auch das Bistum Meißen zu seinem Besitz gekommen sein. Der Satz des Sohnes, er wolle das Werk vollenden (!) und verbessern (!), was der Vater in Meißen begonnen habe, bestätigt diese Sicht. So kann D 184 als Parallele zu D 139 verstanden werden, indem dem Bistum Zeitz aller ihm seit längerer Zeit gehörender Besitz zusammengefasst und bestätigt wurde.

1. Boritz

Tradidimus quandam villam Setleboresdorf vocitatam iacentem in burcwardo Boruz dicto prope fluvium qui Albia dicitur, Misnensi ecclesiae, cui venerabilis Folcholdus episcopus praeesse dinoscitur, cum omnibus rebus iuris in eodem villae manutibus et accidentibus. - Der Ort Boritz war der Kirche zu Meißen mit allen Immobilien und Mobilien, an denen Kaiser Otto II. ein Recht besaß, übergeben worden. Die tautologische Kette `(1)villa (2)Setle-bores-(3)dorf` lässt die Instanzen und Institutionen ahnen, die dieser Titel durchlaufen haben muss, ehe er in D 184 festgeschrieben wurde. Die Dreiergleichung aus den einander entsprechenden lateinischen, slawischen und deutschen Begriffen sollte wohl sicherstellen, dem Bistum Meißen sei alleine der Ort Boritz übereignet worden. Über das mit Bores/Boruz Gemeinte ist man sich schon lange einig: Boritz an der Elbe, etwa 12 km unterhalb des Bischofssitzes. Der Ort war zugleich auch Vorort eines der ottonischen Wildniswachbereiche, die man Burgwarde nannte. Die Urkunde gibt Boritz in die Hände der Kirche zu Meißen: cui Folcholdus praeesse dinoscitur. Diese Formel lässt aufhorchen. Die Kanzlei Ottos II. gebrauchte im Regelfalle andere Floskeln, anfangs häufig preesse vide(ba)tur, zwischenhinein preest und presulatur, die längste Zeit aber presidet45. Cui praeesse dinoscitur findet sich zwar auch in Urkunden Ottos II., kann aber nicht als kanzleiüblich angesehen werden. In die Bestätigungen der Rechte der Bistümer Straßburg und Utrecht wurden die Texte der Vorurkunden wörtlich übernommen. Beim Alter des Klosters Gandersheim dürfte für die Bestätigung Ottos II. ebenfalls auf Texte alter Privilegien zurückgegriffen worden sein. In den drei Diplomen für das Bistum Passau sieht von Sickel Empfängerausfertigungen von der Hand des Schreibers, der unter Kanzler Brun für Otto I. gearbeitet hatte46. In der Arbeitsepoche unter Brun gab ihm von Sickel das Siegel BA, später aber WC, ehe er die Identität beider Schriften feststellte. Nach dem Wechsel im Kanzleramte begegnet uns die Formel des BA nur noch wenige Male um 97047. Unter Kanzler Liudolf heißt es dann preesse vide(ba)tur und wird noch unter Otto II. gebraucht.

Kurz: Die Floskel cui praeesse dinoscitur gehört nicht in den Formelvorrat der Kanzlei Ottos II., sondern stammt aus älterer Zeit. Da sie für die Zeit Kanzler Bruns gut belegt ist, könnte Boritz schon vor 952 an eine Kirche in Meißen gelangt sein. So könnte der eben behauptete Brun-Text bei einem Inhaberwechsel als Vorlage für eine neue Vereinbarung gedient haben, so dass bei praktisch gleichem Text nur die Namen der am Vertrage Beteiligten zeitgerecht einzutragen gewesen wären. Diese These ließe sich dadurch stützen, dass man die tautologische Kette zur Bestimmung der Qualität des Ortes Boritz als durch mehrfaches überschreiben dieses Besitzes entstanden erklärt48.

2. Der Elbzoll

Der Kirche zu Meißen waren auch die Einkünfte aus dem Elbzoll zwischen Belgern und ihrem Hafen in Meißen übertragen worden. Angehängt an das tradidimus des eben besprochenen Abschnittes heißt es: proventus in theloneo quod ad fiscum nostrum pertinerat, a civitate quae dicitur Belgora usque ad eiusdem Misnensis ecclesiae portum sursum indeque per ambas praefati fluminis Albiae deorsum sicque infra praefinitum terminum ubicumque manus negotiatorum ultra Albiam huc illucque sese diverterit ex integro et absque ulla contradictione theloneum eidem praenominatae Misnensi sedi persolvant, veluti ad fiscum nostrum debuerint. Das griechische Telonion wandelte sich im Lateinischen zu Teloneum und auf der Wanderung in den germanisch-deutschen Sprachbereich zu Zoll. Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes - eine Abgabe kaufen/pachten - wirkte in ottonischer Zeit noch nach. Der Zoll gehörte zu den Regalien des Herrschers49. Nach Ausweis der Urkunden hat Zoll nichts mit Zehnt zu tun50. In den Diplomen Ottos II. findet sich nur nebenher die Bemerkung, Zoll sei als Benefiz, sei zu zeitlich begrenzter Nutzung vergeben gewesen (106, 138). Die heute noch erhaltenen, Zollrecht regelnden Urkunden sind Kirchen und Klöstern ausgestellt worden. Ihnen wurde meist der Zoll einer Stadt übergeben, oft zugleich mit anderen Regalien, etwa mit Marktrecht und Münze (29, 85, 99) oder Markt und Zoll (120, 179, 206), auch Bann und Zoll (147, 228). Auch Zollteile, Brückenzoll und Zollfreiheit wurden nach Lehnrecht behandelt51. Einen Blick in die Vielschichtigkeit dieses Bereichs gewährt eine Bestätigungsurkunde für das Bistum Straßburg52.

Nach diesen Einführungen darf das proventus in theloneo des D 184 dahin verstanden werden, das Bistum Meißen sei für eine nicht genannte Zeitspanne der Zollnutznießer gewesen, das Zollregal selbst aber in der Hand des Kaisers verblieben. So wundert es nicht, diese zeitweilige Zuwendung in keiner späteren Urkunde je wieder erwähnt zu finden. Den Elbzoll von der Genossenschaft der Kaufleute zu erheben, dürfte nicht problemlos verlaufen sein. Der Kaiser verbriefte dem Bistum, welche Kauffahrer auch immer den Elbabschnitt zwischen Belgern und Meißen benutzten, jeder hatte dem Bischof Zoll zu entrichten wie dem Kaiser selbst, und zwar absque ulla contradictione53. Diese Formel gehört nicht zum Fundus der Kanzlei Ottos II., wenngleich sie sich viermal in seinen Urkunden findet. Zwei der Urkunden wiederholen als Bestätigung die Texte der Vorurkunden. Zwei weitere sind noch von den Notaren seines Vaters geschrieben worden. Die für Trier wurde in den ersten Monaten nach dessen Tode ausgefertigt, die für Fulda stammt noch aus den Jahren, in denen er Mitregent seines Vaters war54.

Als Otto der Große des Papstes Zustimmung erwirkt hatte, seine Lieblingsstiftung, das Mauritiuskloster zu Magdeburg, zum Sitz eines Erzbischofs zu erheben55, bedachte er es mit einer Fülle von Schenkungen. Die Diplome darüber wurden alle zwischen 961 und 965 ausgestellt und enthalten Formeln des Modells absque ulla contra­dictione56. Diese Beobachtungen lassen schließen, der Kirche zu Meißen seien die Erträge aus dem Elbzoll schon in den Jahren um 965 zugesprochen worden. Das D 184 liefert für diese frühe Ansetzung selber einen wichtigen Beitrag, wenn in ihm zu lesen ist, der Elbzoll sei ex integro/aufs Neue zu zahlen.

Das D 184 lässt ebenso wenig wie andere Urkunden auch erkennen, aus welchem Grunde der Elbzoll von Meißen abkam. So erhielt das Moritzkloster in Magdeburg die beiden königlichen Höfe in Kalbe und Rosenburg am 28. März 965 ex integro. Von einer früheren Übereignung aber ist nichts bekannt. Das gleiche Institut erhielt am 17. Juni 965 die Civitates Loburg und Tucheim (!). Aber am 8. Juli darauf bewegen die gleichen Fürbitter Otto I., dem Kloster die Urbs Tucheim (!) zu überstellen. In der ersten uns erhalten gebliebenen Urkunde über Spuitni/Rothenburg wird diese Stadt samt ihrem Burgward ex integro … iure perenni in proprium übergeben - so am 25. Juli 961. Der gleiche Titel wird dem heiligen Moritz am 24. Januar 970 nochmals ex toto et ex integro in perpetuum possessionem verbrieft. Möglicherweise waren es die Wicharts, Hugos, Adalberts und Huodos, die zuvor die Titel als Benefizien inne hatten und sie dann dem nunmehr Berechtigten nicht einräumten57. So wurde dem Bistum Zeitz am 1. August 976 Memleben als Besitz bestätigt, ging aber bald durch Tausch verloren, wurde selbständige Abtei, verlor später in der Klosterreform seine Rechte und wurde der Abtei Hersfeld unterstellt58. Bischof Thietmar von Merseburg scheint uns vollständige Berichte über die Besitzungen des ersten, 968 errichteten Bistums Merseburg und deren Verteilung bei der Auflösung im Jahre 981 gegeben zu haben. Er erwähnt aber nicht, dass Otto II. zu Ehren des heiligen Laurentius dem Bischof Giselher am 30. Juli 977 den Hof Prießnitz übergab. Nach der Auflösung seines Bistums war Giselher Erzbischof von Magdeburg geworden und empfing vom Kaiser, nun aber für das Erzstift, ebendiesen Hof Prießnitz59. Es dürfte kaum gelingen, für jeden hier angeführten Fall die erwünschte Klarheit zu erlangen, jedoch genügt der Hinweis auf die Wendung ex integro im D 184, um den Elbzoll nicht erst als im Jahre 983 verliehen anzusehen.

3. Der Handelsertragszehnt aus dem Burgward Boritz

Igitur post haec statuimus ut omnes qui in eodem burgwardo habitant omnem decimacionem rerum suarum, scilicet frugum, pecudum, pecuniarum, vestimen­torum, mellis et crusinarum, nec non quod Theutonici dicunt uvarcophunga et talunga familiarum et omnium utilitatum quibus mortales utuntur, in eadem Misnensem civitatem dei sanctoque Iohanni evangelistae et sancto Donato martiri, omni ambiguitate procul remota persolvant, referant et reddant.

Durch das einleitende igitur ist die Zehntverleihung von den eben behandelten Themen klar abgehoben und als selbständige Einheit aufzufassen. Definierter Handelsertragszehnt begegnet in den ottonischen Urkunden nur in den frühen Meißner Diplomen und zwar in drei Kanzleiformulierungen60. Hier ist nur kurz an die die Boritzer Zehntübereignung prägenden Begriffe zu erinnern: Die Abgabe wird als decimatio rerum habitatorum gefordert. Stilistisch wurden die Leistungen nicht als Abgaben von etwas formuliert, etwa Zehnt von Geld, sondern genitivisch mit decimacio verbunden, etwa decimacio pecuniarum. Auch in Wortwahl und Wortfolge gleichen die für Boritz gebrauchten Formulierungen den beiden anderen nicht. Die Boritzer haben zusätzlich Honig und Rauchwaren zu versteuern. Alles ist ambiguitate/ohne Vorbehalt zu leisten.

Auch dieser Abschnitt des D 184 enthält eine Angabe, die Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Übereignung des Zehnten zulässt. Sie ist den Heiligen Johannes und Donatus gewidmet. Dieses Doppelpatronat galt aber erst seit der Errichtung des Bistums Meißen (968). Dieses Ereignis ist der frühestmögliche Zeitpunkt der Zehntleihe.

Wie noch zu berichten sein wird, hatte Otto II. später noch auf alle ihm sonst zustehenden Besitzungen und Rechte im Burgward Boritz verzichtet. Ob dazu auch frühere Zehntrechte gehören ist nicht belegbar. Dennoch meint Schlesinger, das Bistum habe im Boritzer Burgward die volle Zehnthoheit erlangt und behaupten können. „Dieser Boritzer Zehnt ist später (1214 und 1528) in der Hand des Meißner Dompropstes nachweisbar“61. Schon die Eigenart der mit Zehnt belegten Dinge lässt an Schlesingers Folgerungen zweifeln. Per 1528 lassen sich für den Propst keine Zehnteinkünfte nachweisen, sondern nur bäuerliche Zinsen in Gestalt von Geld, Eiern und Hühnern aus Boritz, ferner Getreide aus Weißig, Skaska und Zottewitz62. Der Bereich des Burgwardes Boritz ist zu unbekannter Zeit dem Bistum Meißen entfremdet worden. König Heinrich IV. übereignete ihn am 1. März 1065 dem Bistum Naumburg63.

4. Der Burgward Boritz

Insuper ad haec omnis de nostra proprietate et de nostro iure, quod in eodem burgwardo possidemus permisimus. Mit insuper macht D 184 auf ein weiteres Geschenk Ottos II. für das Bistum Meißen aufmerksam. Er unterstellt alles das dem Bistum, was ihm noch an Besitzungen und Rechten in den Grenzen des Burgwardes Boritz gehört. Das so unanschaulich Gesagte lässt sich mit Hilfe zeitgenössischer Urkunden verdeutlichen64. Die Ottonen verschenkten ganze Burgwarde (DO I 76), Städte (DO II 89), Dörfer (DO I 74) und Höfe (DO I 278), Menschen ganzer Ortschaften (DO I 21) und einzelne Personen (DO I 388), verfügten über die von diesen aufgebrachten Leistungen und Naturalien (DO I 303), über Juden (DO I 300) und Heiden (DO I 295), vergaben Marktrechte (DO I 301), Münze und Zoll (DO I 46) und den Bann (DO I 300). Landstriche vergaben sie ganz und geteilt, auf Zeit und Ewigkeit. So war auch der Burgward Boritz unter viele Berechtigte aufgeteilt - nur, dass wir darüber nichts wissen. So konnte das Bistum Meißen von Glück reden, dass der Kaiser auf das verzichtete, was ihm in diesem Bezirk noch an Rechten und Besitzungen verblieben war. Ob freilich das Bistum nunmehr im ganzen Burgward selber schalten und walten konnte, oder ob in ihm noch andere Reichslehnträger saßen, also der Kaiser nur das ihm im Augenblick Verfügbare weitergegeben hat, ist aus dem Text nicht zu ersehen. Dieser Boritzer Akt hat eine etwa zeitgleiche Parallele: Otto II. gab am 23. September 981 dem Erzstifte Magdeburg Besitzungen links der Elbe zurück, die sein Vater sich selbst vorbehalten hatte65.

Von einem Burgward Boritz ist in D 184 gleich mehrfach die Rede. So wird die Villa Sedleboresdorf beschrieben als iacentem in Burcwardo Boruz dicto. Ebendieser Burgward wird auch als Zehnteinhebebezirk vorgestellt: Omnes qui in eodem burgwardo habitant omnem decimacionem rerum suarum … persolvant. Schließlich übergibt der Kaiser der Kirche zu Meißen alles, quod in eodem burgwardo possidemus66.

Erstaunlicherweise hat man sich zwar oft zur Burgwardsfrage geäußert, sich aber nicht der Definition der Urkunden bedient. Schon die Frühesten sagen, es habe Burgen gegeben, denen ein Burgward zugeordnet (!) war. So heißt es etwa 946, dem Bistum Havelberg sei eingestiftet worden in provincia Desseri Wizoka civitatem cum (!) omni burcwardo - der Burgbezirk Wizoka und dazu (!) der ganze Burgward. Burgwarde sind danach Burgbezirken angehängte Extras. Wenn nicht die Slawen schon selber ihre Wohnbezirke durch ein Wachsystem nach außen gesichert haben sollten, so waren es die Ottonen, die die ihnen untergebenen Landschaften des Ostens durch ein Wardsystem nach außen zu schützen trachteten. Sie umgaben die Gefilde mit einem Kranze von Burgwarden. So sicherten sie die Region Daleminze gegen Osten durch die Burgwarde Strehla, Gröba, Boritz und Zehren entlang der Elbe.

Wie seine Nachbarn war auch Boritz ein schmaler, lang gestreckter Streifen. Sein Vorort lag links der Elbe. Zu ihm gehörte ein Burgbezirk, zu dem außer Boritz noch Bahra, Schänitz, die Wüstung Miltitz und Leutewitz gehört haben könnten67. Der burgdienstpflichtigen Bevölkerung oblag die Kontrolle des zugeordneten Wardstreifens jenseits der Elbe. Dieser zog sich durch das Wildland bis an die Grenze von Milska. Er mag eine Fläche von 200 km² gehabt haben. Will man diesem Wardstreifen in etwa Gestalt geben, ließe er sich so markieren: An der Elbe durch die Orte Nünchritz, Merschwitz und Diesbar; in seiner Mitte durch Priestewitz und Großenhain; an der Grenze zur Oberlausitz durch Stölpchen, Sacka und Dobra68.

5. Die Erlaubnis zum Landesausbau

Permisimus et concessimus eiusdem villae iamiam Setleboresdorf dictae cultoribus de ambabus Albiae partibus liberam facultatem laborande et inquirendi, ea scilicet ratione, ut nemo eos praepediat de exitibus. - Albert Hauck, der Slawen nicht hoch schätzte, verstand diesen Text dahin, dass „in diesem östlichen Bistum frühzeitig ein Anfang deutscher (!) Einwanderung gemacht worden“ sei. Im „halb wendisch halb deutschen“ Ortsnamen Setleboresdorf sieht er zwar eine ursprünglich wendische Niederlassung, in der sich nun Deutsche angesiedelt hatten. Aus der Erlaubnis zu roden und Besitz zu erwerben „ist (ihm !) klar, dass der Kaiser die Einwanderung zu fördern versuchte“. Hauck vermutete, es habe noch andere deutsche Niederlassungen gegeben, und schließt, „wie bei jeder Kolonisation opferten sich die ersten Kolonisten für die Zukunft“. Trotz der Arbeit der siedlungsgeschichtlichen Schule Kötzschkes hat Rittenbach den Gedanken Haucks noch einmal aufgegriffen69. Weder Dorf- noch Flurstrukturen, noch die Ortsnamen des Boritzer Wardbereiches lassen ein deutliches deutsches Element erkennen. Alles spricht für slawische Binnenkolonisation. Nicht irgendwelchen Zuwanderern, sondern den Bewohner Setleboresdorfs hatte Otto II. das Siedeln erlaubt. Welche Orte links der Elbe durch diese Konzession entstanden sein mögen, soll hier weniger interessieren als das, was zwischen Elbe und Hopfenbach sich fassen lässt. Zwischen diesen Gewässern im Westen und Osten und der Siedlungskette zwischen Nünchritz und Skaska im Norden sowie der zwischen Diesbar und Stauda im Süden sind 33 Namen heute noch und ehedem bewohnter Orte bekannt. Nur fünf sind Germanismen.

Unter den 28 Slawismen überwiegen die Patronymika (18) gegenüber den Appelativa (5) und den Possessiva (3). In diesem Geviert von 10 km Tiefe sind die Dörfer mit kleinen Fluren typisch70. Erst östlich des Hopfenbaches schließen sich die größeren Fluren einer späteren Siedlungszeit mit überwiegend deutschbenannten Dörfern an71. Man hat die hochmittelalterliche Kolonisation mit dem Satz erklären wollen: Herrschaft durch Siedlung. Ein landloser Adliger sei mit dazu Bereiten in „herrenloses“ Wildland gezogen. Die einen verhalfen sich durch Roden zu bäuerlichem Gute und der Adlige sich zur Herrschaft. Um 983 war in Boritz die Rechtslage offenbar anders: Es ist der Kaiser, der den Boritzern etwas zur Verfügung stellt (permisimus) und ihnen erlaubt (concessimus), es zu besitzen und zu roden. Somit belegt das D 184 das Recht des Kaisers, den Landesausbau im Wildland zu steuern. Im Hochmittelalter dürfte es kaum anders gewesen sein, nur dass die Reichslehnträger solches Recht wahrnahmen.

Die Ermächtigung der Boritzer zum Roden und Siedeln schließt mit einer Pertinenzformel. Da viele der auf uns gekommenen Urkunden Schenkungen sind, begegnet sie uns häufig, und weil sie häufig ist, wird sie meist zu wenig beachtet! Kurze Fassungen trifft man selten72. In den Urkunden begegnen uns Pertinenzformeln sowohl als grammatikalisch vollständige Nebensätze als auch als Erklärungen zum Urkundgegenstand. Die einzelnen Schreiber scheinen Grundformeln gehabt zu haben, die sie den jeweiligen Erfordernissen anpassten. Die Schreiber lassen sich nach ihrer Syntax unterscheiden, gebrauchen aber alle die gleichen Termini für die Eigentumstitel der Begünstigten. Aus dem Vergleich vieler Urkunden erschließt sich deren gesamter Vorrat73. In ihn wurden ebenfalls auch Eigentümlichkeiten und Besonderheiten einbezogen. Am Rhein etwa gab es Weinberge und Schifffahrt, im heutigen Kreis Kalbe Salzstöcke, im Burgbezirk Gibichenstein bei Halle Salzquellen74. Wahrscheinlich auf ethnisch homogene Bevölkerung zu beziehen ist mancipiis, mancipiis utriusque sexus. Darum hält es der Beurkunder für wichtig, für den Raum um Halle zu betonen, es handle sich um mancipiis Theutonicis et Sclavanicis75. Eine vollständige Aufzählung der Rechtstitel einer Schreiberformel könnte gelautet haben: cum ecclesiis, urbibus, villis, curtis, curtilibus, familiis vel mancipiis utriusque sexus, terris cultis et incultis, areis, agris, campis, pratis, pascuis, silvis, aquis aquarumve decursibus, viis et inviis, piscationibus, venationibus, exitibus et reditibus, quaesitis et inquirendis, mobilibus et immobilibus - und zur Zeit Ottos II. - cunctisque aliis rebus vel utilitatibus quae dici possunt.

Die Titel der Pertinenzformel des D 184 beschreiben die Erlaubnis näher, beiderseits der Elbe im Boritzer Bereiche das Land auszubauen. So konnte man geeignete Plätze suchen, Häuser darauf zu bauen (areis et (!) edificiis), durch Roden Felder, Wiesen und Weiden gewinnen (pratis, pascuis) und über begehbares und unbegehbares Land verfügen (viis et inviis). Die Boritzer durften alle Gewässer nutzen, in ihnen fischen und an ihnen Mühlen errichten (aquis aquarumve decursibus, piscationibus, molendinis). Sie hatten Rechte an den Waldungen und konnten in ihnen jagen (silvis, venationibus). Aus dem allen nur denkbaren Nutzen zu ziehen war ihnen eingeräumt worden (omnibus utilitatibus, quae dici aut nominari possunt).

Landesausbaukonzessionen scheinen nicht zu den gängigsten Rechtsakten der Kanzlei gehört zu haben. So erweckt die Folge der Titel im D 184 den Eindruck, sie sei erst bei der Erörterung des Umfanges des Landesausbaues zusammengestellt worden. Von Wiesen, Weiden und Häusern ist erst nach Mühlen, Fischfang und Jagd die Rede!

Nicht übergangen werden darf, dass die Konzession erteilt wurde ea scilicet ratione ut …. Diese Floskelgruppe findet sich in den Urkunden Ottos II. erst seit 97976. Somit dürfte auch die Erlaubnis zum Roden im Burgward Boritz in die Jahre zwischen 979 und 983 gefallen sein. Textkritisch ist zu vermerken, dass von Sickel an dieser Stelle den Text den Diplomatischen Nachrichten Schöttgens von 1730 entnahm. Reinhard meinte statt scilicet aus der Vorlage ein firmiter herauslesen zu müssen. Die Differenzen beider Lesarten dürften am leichtesten zu erklären sein durch einen Schaden am damals noch vorhandenen Original.

Das D 184 sagt nicht ausdrücklich, wo den Boritzer cultoribus erlaubt war, mit dem Roden zu beginnen. Am naheliegendsten ist es anzunehmen, sie hätten im Boritzer Burgwardstreifen begonnen. Aus militärischer Notwendigkeit entstanden, begriff man die Burgwarde spätestens unter Otto III. schon als Verwaltungsbezirke. Wenn das D 184 Landesausbau belegt, könnte solcher von Boritz aus im Rahmen der Burgwardgrenzen zonenweise freigegeben worden sein. Eine erste Ausbaugrenze könnte bis zum Hopfenbach gereicht haben. In den slawischen Ortsnamen des Boritzer Vorfeldes könnten Erinnerungen an die Kultivatoren stecken, von denen das D 184 redet. Zugleich stellt sich aber auch die Frage nach dem Grade der Freiheit, die diese Unternehmer hatten, oder die man ihnen für ihre Arbeit gewährte.

Zu Ende der Erörterungen über die Datazeile des D 184 war offen geblieben, in welchem Jahre ein Ottone am 27. Februar in Frankfurt am Main hätte urkunden können. Mögliche Hilfe wurde von der inneren Kritik erhofft. Diese sieht - mit von Sickel - den Manteltext als im Sommer 983 in Verona geschrieben an. Der Schreiber war ein geübter Stilist, der in geschicktester Weise den Inhalt älterer Urkunden auf den jeweils kürzesten Nenner zu bringen wusste und alles so gut miteinander verband, dass man bisher das Geschenkte nicht als Paket, sondern als eine einzige Gabe angesehen hat. Die Schenkung des Ortes Boritz dürfte wegen der Wendung cui praeesse dinoscitur in der Zeit Kanzler Bruns, also in den Jahren vor 952 erfolgt sein. Da die Floskel absque ulla contradictione von der Kanzlei in den Jahren zwischen 961 und 965 gebraucht wurde, dürfte das Nutzungsrecht am Elbzoll durch die Kirche zu Meißen aus eben dieser Zeit stammen. Auf einen dieser beiden Akte ist wohl der 27. Februar zu beziehen: 949 oder 951 oder 965. Der Ertrag aus dem Handelszehnt kann der Meißner Kirche nicht vor 968 zugestanden haben, da die Zueignung schon das Doppelpatronat dieser Kirche erwähnt. Die volle Hoheit über den Burgward und die Erlaubnis zum Landesausbau dürften die Fürbitter Willigis und Thietmar zwischen 975 und 979 erwirkt haben. Somit gleicht das DO II 184 den Präzepten, die den Inhalt einer Reihe von Vorurkunden unter Übernahme für sie typischer Wendungen zusammenfassen und bestätigen. Die durch Beachten der Schreibgewohnheiten der ottonischen Kanzlei gewonnenen Einsichten dürften dem 968 errichteten Bistum Meißen zu einer Vorgeschichte von mehreren Jahrzehnten verhelfen, was ein Novum wäre.

 1 Etwa A. Hauck, KGD II (siehe Register); Schlesinger KGS I S. 49. - Auch Lübke zum 27. Februar 979: Rg. Nr. 198.

 2 von Sickel, Erläuterungen S. 186 ff.

 3 Otto II. wurde schon zu Lebzeiten seines Vaters am 26. Mai 961 zum König gekrönt.

 4 Thietmar von Merseburg, Chronik III, 24: ponitur in Berna civitate conventus et omnis huc convocatur principatus necessaria ut hic tractarentur multa.

 5 Parallele Situationen sieht v. Sickel auch in den DD 35, 36, 185; vgl. seine Erläuterungen S. 163.

 6 Auf Autokarten misst die Strecke Frankfurt/M - Erfurt (265) - Weimar (22) - Jena (21) - Dornburg (12) = 320 km.

 7 von Sickel, Erläuterungen, 163.

 8 Hauck KGD III 991.

 9 Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg, herausgegeben von G. Althoff und J. Wollasch, Hannover 1983.

10 Diplom Datum               Vorläuferformel

 90	30.08.974	anno vero regni domni Ottonis secundi …
139	01.08.976	anno autem secundi Ottonis regnantis … 
141	29.09.976	anno vero domni Ottonis secundi …
179	27.06.978	anno vero regni Ottonis secundi

11 Sömmeringen ist heute wüst, lag links der Elbe, 12 km nördlich Magdeburgs bei Glinden­berg. - Nach Autokarten beträgt die Entfernung zwischen beiden Pfalzen etwa 440 km. Es ist kaum anzunehmen, dass der Kaiser diese Strecke ohne Halt zu Regierungsakten ein­fach durchgeritten ist.

12 Thietmar, Chronik III 6: Imperator prima expedicione Buschuth civitatem cepit - DO II 69 und 70.

13 DDO II 121-124; 976: DDO II 125-128.

14 DDO II 186 und 200.

15 DO II 139.

16 946: DO I 76; 948: DDO I 105 (Brandenburg) - 109.

17 951: DDO I 131f; 952/3: DDO I 159-161; 956: DDO I 176-179.

18 960: DDO I 206f; 965: DDO I 277f.

19 Hauck KGD III 133 Anm. 3; Schlesinger KGS I 49; Rittenbach/Seifert GdBvM S. 24.

20 Von den etwa 30 Formeln sonst sind die meisten Unikate. In den Jahren 982 und 983 begegnen als Formeln: Otto divina dispensante clementia imperator augustus in DD 293, 294, 296, 297; Otto miserante clementia imperator augustus in DD 276, 281, 283.

21 Wenn bei gleicher Formel schon die Stellung eines Wortes auf einen anderen Verfasser deuten kann, so umso mehr der Ersatz eines geläufigen Begriffes durch einen anderen. Statt industria etwa sapientia in D 181, cautela in D 194, solertia in D 202.

22 DD 180, 184 (!), 189, 203 … 307, 309, 311, 313. - Mit der Eröffnungsformel des HB lässt sich ein Actum zu 979 nicht erhärten!

23 in den DD 160-209 begegnet man neben 13 freien Anschlüssen meist italienischer Schrei­ber dreimal quia, dreimal quomodo, sechsmal quod, aber 25 mal (50 %) qualiter.

24 Namensform des D 184; Varianten: Volcoldus, Folcoldus, Volcholdus, Volkoldus, Volckoldus, Wolcoldus - vornehmlich in Chroniken.

25 Thietmar, Chronik III 5; IV 6 ad eoas regiones.

26 DD 95, 150, 306; 114, 122, 162, 309; Passau: 111, 136, 138; Worms: 199; Meißen: 184.

27 Unter Otto I.: DD 365, 377, 385, 386, 387, 388, 404; unter Otto II.: Bestätigungen: DD 29, 30, 31, 32, 92, 93, 140, 177; Schenkungen: DD 79, 82, 86, 118, 197, 198, 207, 224, 258.

28 DD 89, 90, 116, 161, 162, 186, 200, 213; nach 981: DD 259, 270, 271. Dazu Thietmar, Chronik III 1 und 16.

29 Als lebend: DD 91, 177 180, 184, 186; Eythra D 200. - Auf die alte Meinung gegründet, Thietmar sei Anfang 978 verstorben, urteilte von Sickel: „gerade bei diesem Thietmar läßt sich dartun, daß die Kanzlei keinen Anstand nahm“, Tote als Fürbitter anzuführen, „ohne sie als schon verstorben zu bezeichnen“ (Erläuterungen 163).

30 Thietmar, Chronik II 24f, IV 39, VII 22; Totenbuch wie Anm. 9.

31 Dagegen etwa: vir Gisalha … noster videlicet fidelis episcopus … (D 186).

32 Dagegen etwa: pro remedio bonae memoriae nostri animae et aeternae remunerationis … concessimus (D 181).

33 Die angeführten Stichworte sind eine Auswahl aus Urkunden Ottos I. für das Erzstift St. Mauritius in Magdeburg. In 45 von 58 verbrieften Schenkungen ist die Bitte um eine den König und Kaiser tragende Gebetsgemeinschaft eine ihrer Motive: pro statu et incolomitate regni et imperii.

34 Domstiftsarchiv Merseburg, Handschrift 127.

35 Rittenbach/Seifert, GdBvM S. 25. - Das Aniversar für den illustrissimus imperator wurde am 5. Mai begangen. Nach: Johann Friedrich Ursinus, Die Geschichte der Domkirche zu Meißen ..., Dresden 1782. Dort: Calendarium sive Necrologium zum Datum. Ursinus verweist auch auf Christian Schöttgen, Scriptores hist German. II, 75 ff., Altenburg 1755. - Kaiser Otto I. starb am 7. Mai 973 in Memleben, wo seine Eingeweide beigesetzt wurden. Sein Grab fand er neben seiner ersten Frau im Dom zu Magdeburg.

36 Beispiele für unterschiedlichen Vokabelgebrauch: stabilis et inconvulsa bei HA in D 258/981; bei LI in D 186/979. Dagegen firmior, stabilior certior bei HB in DD 90, 197, 207. Dazu der Schluss der ersten Satzhälfte bei HA mit permaneat in DD 258 und 259, dagegen bei HB mit habeatur in DD 207, 224, 270 und 271.

37 D 184: hanc paginam inde conscriptam manu propria roborantes sigilli nostri impressione insigniri iussimus.

38 Notar HA gebrauchte diese Formel auch noch später etwa in DD 213/980, 258 und 259/981.

39 Das kanzleiverbindliche Attribut invictissimus wurde auch in Varianten respektiert.
FA: serenissimus et invictissimus in 161/977; WD: piissimus et invict. in D 198/979;
LI: magnus et invict. in D 200/979.

40 Etwa in DD 213/980, 258 und 259/981.

41 DDO I 331, 332 und 333 vom August 966.

42 Aus der Besitzgeschichte des Mauritiusklosters in Magdeburg zur Zeit Ottos I. etwa: DDO I 37, 79, 97, 165, 214, 329.

43 Aus erzmagdeburgischen Urkunden, etwa DDO I 105, 222b, 303.

44 Thietmar, Chronik II 36; III 1. Er erwähnt mit keinem Wort urkundlich belegte Rechte nach DO I 373a (Helfta), nach DO II 89 (Zwenkau), 116, 161, 162, 186, 200, 213.

45 preesse vide(ba)tur in DD 3, 7, 11, 17, 20, 42, 52, 75, 150, 214, 246; preest in DD 53, 99, 123; presulatur in DD 78, 198, 199; presidet in DD 143, 213, 222, 224, 270, 271, 279, 310.

46 DD 106, 131; DD 72, 108 (eventuell von 106 beeinflusst), 201; 111, 136, 138.

47 BA in DDO I 42, 95, 96, 102, 112, 116, 119, 126 - 161, 164, - als WC 389, 406 (für Meißen). Die Formel selbst ist karolingisches Erbe, taucht in Diplomen Heinrichs I. auf (DD 4, 14, 19) und wird noch vom ersten Kanzler Ottos I., Poppo, verwandt in DD 10, 23. - Auf Poppo folgte Brun als Kanzler, der leibliche Bruder Ottos I., von 940 - 952 (DD 35 - 145). Er starb als Erzbischof von Köln 965.

48 vgl. wegen der Floskel cui praeesse dinoscitur die Bemerkung zu DO I 406.

49 Es ist nicht beabsichtigt, auf alle Urkunden Ottos II. einzugehen, die Zoll erwähnen. Die im Folgenden Berücksichtigten werden mit ihrer Nummer aufgeführt.

50 Schlesinger beklagt in seiner KGS I, 49 die Benachteiligung Meißens gegenüber den anderen Bistümern: „...Erst 979 wurde dem Bistum das Dorf Boritz geschenkt. Da aber Meißen gleichzeitig der ganze Elbzoll zwischen Belgern und Meißen - bisher hatte ihm nur der Zehnt davon zugestanden! (sic!!) - überlassen wurde, stehen auch hier die fiskalischen Einkünfte im Vordergrund ...“

51 DD 124, 138, 238; 237; 155, 173, 192, 283; 187: absolutus sit ab omni theloneo. D 139: Das Bistum Passau erhält den Teilzoll zu Eigen, den es bisher als Benefiz innehatte.

52 D 73: teloneum, ripaticum, pontaticum, salutaticum, cespiticum, rotaticum, cenaticum, pastivicum, laudaticum, trabaticum, pulveraticum, occursum, censum.

53 D 46: Das Bistum Worms erhob Zoll von negotiatoribus vel artifices seu Frisones.

54 D 73: Bestätigung für das Bistum Straßburg (974) D 165: Bestätigung für das Erzbistum Salzburg (977) D 58: Münzrecht für das Erzbistum Trier (973) D 13: Schenkung an das Kloster Fulda (967).

55 JL 3690 vom 12.II.962, Text jetzt bei Zimmermann, Papsturkunden 896-1046, Nr. 154, Text auch in UBEM Nr. 28.

56 absque ulla contradictionein DDO I 299, 301, 305 (965)
absque ulla infestationein DDO I 298 (965)
absque ulla retractationein DDO I 231, 232 (961), 281 (965) in UBEM Nr. 37, 39, 43; 36; 26, 27a, 31.

57 DDO I 278; 293, 298; 230, 386; 231, 232, 281.

58 DO II 139 und die Notizen bei Thietmar, Chronik III 1, VII 7,31.

59 DDO II 139, 271. Thietmar, Chronik III 1 und 16.

60 Siehe oben Seite .... Zeitliche Abfolge: DDO I + 437/948, + 449/968, 406/970, JL 3724/968 (= Z 187), DO II 184/983, DO III 186/995. Nach Textgruppen: A: DDO I +437, + 449, JL 3724, DO III 186; B: DO I 406; C: DO II 184.

61 KGS I, 263, II, 515: Auch den bereits im 10. Jahrhundert verliehenen Zehnten im Burg­ward Boritz hat die Meißner Kirche festzuhalten vermocht, wenn auch nicht in den Hän­den des Bischofs, sondern in den Händen des Propstes.

62 Archiv des Hochstiftes Meißen, A 69.

63 DH IV ... , UB Domstift Naumburg +60/1064 VII 11, Magdeburg 1925.

64 Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit werden Aussagen zu Diplomen Ottos I. und sei­nes gleichnamigen Sohnes herangezogen, auf die durch die Angabe ihrer Nummern in MGH DD verwiesen wird.

65in suos usus ocupaverat (!) … ex toto et integro … perpetim tenendum remisimus, ea videlicet ratione, ut nullus comes … DO II 258.

66 Das Wort Burgward erscheint in D 184 in zwei Schreibweisen: einmal als burcward, zwei­mal als burgward. Da jeder Schreiber seine eigene, ihn kennzeichnende Orthographie hatte, ließe sich aus diesem Unterschied auf verschiedene Vorlagen, also Vorurkunden schließen.

67 Im Gegensatz zu anderen Orten Daleminzes unterstanden die genannten Orte nicht dem Amte Meißen. Vgl. Heinz Pannach, Das Amt Meißen, Berlin 1960.

68 J. Huth zur Burgwardsfrage in folgenden Artikeln:

69 Hauck KGD III 140f.; W. Rittenbach/S. Seifert Geschichte der Bischöfe von Meißen 968-1581, S. 6 Anm. 17.

70 Nach dem Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen, Teil Mittelsachsen, Leipzig 1957, Abschnitt Ah. Großenhain liegen in diesem etwa 30 km² großen Geviert folgende Orte (mit Ersterwähnung und Flurgröße in ha): Baselitz 1205/124 mit Wistauda; Blattersleben 1205/349; Diesbar 1272/24; Döschütz 1205/172; Goltzscha 1406(Golczkewitz)/114; Kolk­witz 1288/98; Kottewitz 1286/185 mit Wüstung Gryme 1350; Leckwitz 1378/233; Medes­sen 1254(Medewiz)/367; Merschwitz 1326/331; Naundörfchen 1445/216; Nünchritz 1312/307 mit Wüstung Seidel; Porschütz 1205/249; Priestewitz 1349/318 mit den Wüstun­gen Breßnitz und Kunershun; Raschütz 1320/285; Seußlitz 1205/306 mit Radewitz 1180; Skassa 1190/526 mit den Wüstungen Burkharsdorf und Scharenz; Stauda 1268/225; Strießen 1272/314; Wantewitz 1207/96; Weißig 1378/459; Zottewitz 1277/337; Zschaiten 1408/206; Zschauitz 1350/283; Zschieschen 1350/234.

71 Etwa Reinersdorf 617 ha; Lampertswalde 699 ha; Kalkreuth 871 ha; Sacka 879 ha; Schönfeld 1530 ha; jedoch Dobra 629 ha. Quelle wie Anm. 70.

72 Etwa DDO I 16, 74, 159, 296.

73 Es wurden verglichen die DDO I 1, 4, 41, 43, 63, 165, 181, 187, 205, 214, 216, 230, 232, 278, 282, 293, 298, 304, 305, 327, 329, 331, 332, 345, 361, 362, 363, 373a, 377, 385, 386, 387, 388, 404, 450; DDO II 12, 32, 64a, 82, 89, 116, 139, 161, 162, 186, 200, 213, 224, 270, 271 und 184.

74 DDO I 331, 214, 232.

75 DO I 232. - Im Folgenden werden die Begriffe im Ablativus pluralis der Urkunden zitiert.

76 ea scilicet … : DD 184 und 270; ea videlicit … : 197, 207, 224, 258, 270, 271; ea ratione ut : 198, 213.