JOACHIM HUTH

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Joachim Huth

01.11.14

 

Anstelle eines Vorworts

Mitte der 70er Jahre begann ich zunehmend, mich an den Arbeiten meines Vaters zu beteiligen, weniger inhaltlich als viel mehr als „Schreibkraft“, da mir dienstlich ein Computer zur Verfügung stand. Vater hatte mir den großen Rahmen seines Lebenswerkes umrissen. Da er selbst zwar schnell, mit zunehmendem Alter aber auch fehlerhafter mit der Schreibmaschine umging, bereitete ihm das Erstellen fehlerfreier Druckmanuskripte einige Probleme. Diese wollte und konnte ich ihm abnehmen. Zwei große Werke wollte er bewältigen. Das erstere war bereits relativ klar umrissen: Eine Siedlungs- und Missionsgeschichte der Oberlausitz und des Bistums Meißen von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters. Das zweite Werk sollte sich der Kalenderforschung und der Logistik der regionalen und terminlichen Verbreitung bestimmter Heiliger im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Christentums in Europa befassen.

Leider ist keines der beiden Werke zustande gekommen. Durch einen Schaganfall wurde meine Mutter zum Pflegefall und Vater übernahm (für ihn eine christliche Selbstverständlichkeit) die Pflege seiner Gattin. Weitab aller Bibliotheken und ohne die erforderliche ungestörte Arbeitszeit konnte er mehrere Jahre kaum fortschreiten. Auch gesundheitlich baute er in dieser Zeit stark ab. Nach Mutters Tod im Mai 1991 sahen wir alle mit Hoffnung, wie er sich seinen Forschungen mit Enthusiasmus wieder zuwendete. Wir waren bereits am Planen der nächsten Archivbesuche hier bei uns in Köln, als er plötzlich und unerwartet im Mai 1992 verstarb.

Bei der Auflösung des Haushaltes übernahm ich mit einem Kleinlaster mehrere Kubikmeter an Büchern, Manuskripten, Notizen und Aufzeichnungen, in der Hoffnung, zumindest noch Teile der beabsichtigten Werke aufzufinden und zur Publikation vorbereiten zu können. Ich ahnte damals nicht, welch zeitraubendem Unterfangen ich mich dabei verschrieb. Leider sind meine Erwartungen bislang nur teilweise erfüllt worden. Etwa die Hälfte des beiliegenden Manuskripts fand ich in den Hinter­lassenschaften und konnte sie dem Werk zuordnen. Die erste Hälfte hatte Vater bereits zu Lebzeiten zur Korrektur vorliegen. Zum ursprünglich geplanten Teil C, einer Kalenderstudie zur Missionierung der Meißner Diözese, konnte ich bislang noch nicht einmal erste Entwürfe entdecken. In dieser Hinsicht wird das Werk daher leider unvollendet bleiben müssen, auch wenn einige Fachkollegen gerade an diesem Teil besonderes Interesse hatten.

Das vorliegende Manuskript ist leider in mehreren Punkten unvollständig geblieben als Vater starb:

Das größte Manko aber ist, dass der Teil C dieses Werkes komplett fehlt. Er existierte in riesigen Stapeln von Büchern, Kopien, Abschriften, Notizen, tabellarischen Auflistungen und kartographischen Skizzen sowie im Kopf meines Vaters – leider aber nicht als verwertbares Manuskript. Die Intention dieser Untersuchung war eine Inventarisierung und Katalogisierung der Verehrung von Heiligen in einem zumindest dreischichtigen System:

  1. die regionale Verbreitung bestimmter Heiliger mit Bezug zu Ortschaften, Klöstern und Kirchen
  2. der kalendarische Bezug der Verehrung des/der jeweiligen Heiligen an einem bestimmten Datum des Kalenderjahres.
  3. Änderungen in diesem System im Laufe der Jahrhunderte (Aufnahme von Heiligen an bislang „freien“ Tagen, Wegfall oder Verschiebung von Heiligentagen unter dem Einfluss verschiedener missionierender Orden oder politischen Änderungen im Herrschaftssystem).

Bei systematischer Aufarbeitung erschließen sich hieraus mit großer Wahrscheinlichkeit die Herkunft und die Wege der Mönche, die das Christentum in Europa verbreiteten. Die hierzu gehörenden Unterlagen wurden gesichert und archiviert und harren der Wiederentdeckung und weiteren Bearbeitung.

Für das vorliegende Manuskript hatte ich stets die Hoffnung, es veröffentlichen zu können, damit die darin herausgearbeiteten Erkenntnisse nicht verloren gehen. Das Manuskript habe ich daher mittlerweile in ca. zwei Dutzend Exemplaren ausgedruckt und verschiedenen Verlagen, Zeitschriften, Lektoren und Rezensenten sowie wissenschaftlichen Einrichtungen zur Publikation (und/oder Archivierung) angeboten – leider ohne Erfolg, mehrmals sogar ohne Rückantwort.

Seit dem Beginn der Arbeiten vor mehr als 25 Jahren habe ich das Manuskript bei jedem Wechsel der Computersoftware erneut in die Hand genommen, exportiert bzw. importiert und neu formatiert, angefangen vom Robotron-Datensystem der Ex-DDR, über diverse Entwicklungsstufen von WORKS und WORD bis hin zur Bearbeitung zur Veröffentlichung im Internet. Und nicht zuletzt kam die Überarbeitung des gesamten Manuskripts zur Anpassung an die „Neue Rechtschreibung“ hinzu.

Auf diesem – nun wieder einmal aktuellen – Stand möchte ich die Arbeit dem geistigen Vermächtnis meines Vaters entsprechend der Öffentlichkeit zugängig machen und hoffe, dass sie bei Historikern wie auch hobbymäßig Geschichtsinteressierten, bei Oberlausitzern und auch weit darüber hinaus auf Interesse stoßen möge. Und vielleicht findet sich ja sogar jemand, der den hier abgerissenen Faden wieder aufnimmt und weiterspinnt !

Für die Realisierung dieser Veröffentlichung im Internet danke ich ganz besonders meinem Freund Michael Geißler und meinem Schwiegersohn Thomas Haas für die Beratung, technische Unterstützung und Fleißarbeit bei der Umsetzung, meinen Schwestern Oda und Gebba für Korrekturen und inhaltliche Ergänzungen sowie meiner Frau, die mir über lange Jahre mit viel Verständnis für diese Arbeit den nötigen Freiraum geschaffen und gehalten hat.

Köln, Weihnachten 2014

Dr. Joachim Huth (jun.)